Hogegalust (Pfingsten)

Das armenische Wort „Hogegalust“ (arm. Հոգեգալուստ) verdeutlicht schon die Bedeutung dieses Festes. Am diesen Tag feiert die Kirche das Herabkommen des Heiligen Geistes auf Apostel. „Surb Hogi“ oder „Surp Hoki“ bedeutet „Hl. Geist“ und „Galust“ oder „Kalusd“ bedeutet „Ankunft“ oder „Herabkommen“. Gemäß dem Neuen Testament geschah dieses wunderbare Ereignis am 50. Tag nach der Auferstehung Jesu Christi. Deshalb feiert auch die Kirche es jedes Jahr 50 Tage nach Ostern. Aus diesem Grund wird im armenischen Kirchenkalender das Fest auch als „Pentekoste“ bezeichnet, welches ein griechisches Wort ist und einfach „fünfzigste“ bedeutet. Auch das deutsche Wort „Pfingsten“ stammt aus diesem griechischen Wort.

Das Datum des Pfingstfestes ist, wie die Daten vieler anderen Feste, von dem Osterdatum abhängig. Auch Pfingsten ist also ein bewegliches Kirchenfest und wird an einem Sonntag zwischen 10. Mai bis 13. Juni (Dieses Jahr am 04. Juni) gefeiert.

Unser Herr Jesus Christus hat während seines irdischen Lebens über das Herabkommen bzw. die Ankunft des Heiligen Geistes gesprochen. Im Johannes Evangelium lesen wir: „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe“ (Johannes 14, 26).

Das Ereignis des Herabkommens des Hl. Geistes wird in der Apostelgeschichte des Neuen Testaments beschrieben: „Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab* (Apostelgeschichte 2, 2-4).

Das Neue Testament bezeugt, dass es am diesen Tag in Jerusalem hunderte Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Nationen Augenzeugen dieses himmlischen Ereignisses waren: „Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien…“ (Siehe Apostelgeschichte 2, 9-10).

Die bedeutenden Kirchenväter, wie Teltullianus (um 150 – um 230 n. Christus) und Augustinus (354 – 430 n. Christus), denken, dass es in diesem biblischen Abschnitt irrtümlich auch „Judäa“ erwähnt wird. Es wäre richtiger und logischer, das Wort „Judäa“ mit „Armenien“ zu ersetzen, denn es ist unlogisch, an der Reihe von Fremdländern auch „Judäa“ zu nennen, wo das eigentliche Ereignis stattfindet. Auch geographisch gesehen befindet sich zwischen Mesopotamien und Kappadozien nicht das Land Judäa, sondern Armenien. Wenn wir den Vorschlag von Teltullianus und Augustinus annehmen, bedeutet es, dass es auch Armenier Augenzeugen des gnadenreichen Ereignisses von Pfingsten waren.

Nach diesem wunder- und gnadenvollen Ereignis gehen die Apostel erfüllt mit den Gnaden des Hl. Geistes in die Welt, um die Licht-Botschaft des Evangeliums zu verkünden. Die armenische Geschichte bezeugt, dass es zwei von denen, Hl. Taddäus und Hl. Bartholomäus, nach Armenien kommen und die ersten Verkünder des Christentums in unserem Land werden. Aus diesem Grund werden diese zwei Apostel als erste Erleuchter von Armenien genannt.

Wer ist der Heilige Geist?

Der Hl. Geist ist die dritte Person der göttlichen allheiligsten Dreieinigkeit (Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist). Er ist eines Wesens mit dem Vater und dem Sohn. Im Glaubensbekenntnis der Kirche lesen wir über den Hl. Geist: „Wir glauben auch an den Heiligen Geist, den unerschaffenen und vollkommenen; der gesprochen hat im Gesetz, in den Propheten und in den Evangelien; der herabstieg in den Jordan; der den Aposteln verkündigte und in den Heiligen wohnte“ (Glaubensbekenntnis von Nizäa/Konstantinopel).

Die Gnadenlehre der christlichen Kirche, auch der Armenischen Kirche, ist auch auf diesen biblischen Abschnitt basiert und mit dem Hl. Geist eng verbunden. Gemäß dieser Lehre ist jede Gabe und Tugend ein göttliches Geschenk, das dem Menschen durch die Wirkung des Hl. Geistes gewährt wird. Die Sünde des Hochmutes und der Selbstgefälligkeit findet ein Platz im menschlichen Herz nur dann, wenn der Mensch diese Wahrheit vergisst und diese Tugenden und Befähigungen nicht als Geschenk Gottes betrachtet, sondern als sein Verdienst. Der Mensch aber ist berufen, die Gaben Gottes, die er besitzt, zu pflegen, zu entwickeln und dem Guten dienen zu lassen.


* Der o. g. Abschnitt aus dem Neuen Testament nicht richtig interpretierend beginnen die Vertreter der neukeimenden, sich als „pfingstlich“ bezeichnenden Glaubensgemeinschaften, sich während ihrer Gebetsstunden in einer seltsamen Extasesituation zu versetzen und irgendeine unverständliche und unerklärliche Sprache zu faseln, deren Bedeutung weder sie, noch die anderen verstehen. Sie bezeichnen diesen seltsamen Zustand als „Zungenrede“, die „durch die Wirkung des Hl. Geistes“ ermöglicht wird. Wenn wir aber diesen biblischen Abschnitt aufmerksam lesen, wird deutlich, dass obwohl die Apostel die Fähigkeit bekommen, unterschiedliche Sprachen zu sprechen, aber nämlich Sprachen, die dieser oder jener Gruppe der während des Pfingsten in Jerusalem versammelten Völker und Nationen verständlich waren. Aber die heutigen „Begabten“ faseln mit einer seltsamen „Sprache“, die sogar sie selbst nicht verstehen.

Sicher gab und gibt es Menschen, die die göttliche Begabung haben, viele Sprachen zu lernen und zu reden, aber diese sind eben Sprachen, mit denen kleine oder große Gemeinschaften von Menschen und Nationen auf dieser Welt sprechen bzw. sprachen.

Der Apostel Paulus schreibt in seinem 1. Brief an die Korinther: „Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen. Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt. Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt, Weisheit mitzuteilen, dem andern durch den gleichen Geist die Gabe, Erkenntnis zu vermitteln, dem dritten im gleichen Geist Glaubenskraft, einem andern – immer in dem einen Geist – die Gabe, Krankheiten zu heilen, einem andern Wunderkräfte, einem andern prophetisches Reden, einem andern die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden, wieder einem andern verschiedene Arten von Zungenrede, einem andern schließlich die Gabe, sie zu deuten. Das alles bewirkt ein und derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will“ (1. Korinther 12, 4-11).